Grossmünster Zürich

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Grossmünster
Das Grossmünster ist eine evangelisch-reformierte Kirche in der Altstadt von Zürich. Die Kirchenpatrone sind Felix und Regula sowie Exuperantius. Bis zur Reformation war das Grossmünster zugleich Teil eines weltlichen Chorherrenstifts und Pfarrkirche.

Das Grossmünster ist eine evangelisch-reformierte Kirche in der Altstadt von Zürich. Die Kirchenpatrone sind Felix und Regula sowie Exuperantius. Bis zur Reformation war das Grossmünster zugleich Teil eines weltlichen Chorherrenstifts und Pfarrkirche. Das Grossmünster gehört zusammen mit dem Fraumünster und der St.-Peter-Kirche zu den bekanntesten Kirchen der Stadt Zürich. Seine charakteristischen Doppeltürme sind das eigentliche Wahrzeichen der Stadt.

Name

Der Name «Grossmünster» stammt erst aus dem 14. Jahrhundert. Ursprünglich wurde die Kirche in den Urkunden schlicht mit «Zürcher Kirche» (Turicina ecclesia) bezeichnet. 1272 taucht das «Münster» in der Bezeichnung Monasterium praepositurae Thuricensis erstmals auf. Monasterium, deutsch Münster, ist die lateinische Bezeichnung für Kloster. «Grossmünster» erscheint erstmals 1322, wohl zur Unterscheidung vom kleineren Fraumünster.

Gründungslegende

Erste schriftliche Belege für die Gründungslegende des Grossmünsters finden sich aus dem 8. Jahrhundert.

Die Wallfahrt zu den Gräbern der als Heiligen verehrten Felix und Regula ist wohl älter. Felix und Regula gehörten der sogenannten Thebäischen Legion an, die im 3. Jahrhundert in Agaunum, dem heutigen Saint-Maurice, wegen ihres Übertritts zum Christentum kollektiv den Märtyrertod erlitt. Felix und Regula flohen nach Zürich, wo sie ebenfalls hingerichtet wurden. Nach ihrer Enthauptung auf der kleinen Limmatinsel, auf der heute die Wasserkirche steht, sollen die Leiber der Patrone ihre abgeschlagenen Köpfe noch 40 Ellen bergaufwärts getragen haben bis zu der Stelle, an der sie begraben werden wollten. Die Gräber sollen dann erst von Karl dem Grossen wiederentdeckt worden sein. Der habe einst einen Hirsch von Aachen bis nach Zürich verfolgt, als sein Pferd plötzlich in die Knie gegangen sei, um den Gräbern der Heiligen die Reverenz zu erweisen. Karl habe darauf die Gebeine heben lassen und zur Ehre der Heiligen die Kirche und die Propstei Grossmünster gegründet. Die Gräber der Heiligen waren bis zur Reformation in der Zwölfbotenkapelle (Boten = Apostel) für die Pilger zugänglich. In der gleichen Kapelle wurden auch Reliquien Karls des Grossen aufbewahrt, die 1233 nach Zürich überführt worden waren.

Die Propstei St. Felix und Regula

Die Propstei wies im Mittelalter 24 Chorherren und 32 Kaplane auf und war neben der Kathedrale in Konstanz das bedeutendste Stift im historischen Bistum Konstanz. An der Spitze des ursprünglichen Konvents stand spätestens seit 1114 ein Propst, den das Stift gemäss den Privilegien ebenso wie den Priester selbst wählen durfte.

Als Reichsstift verfügte das Grossmünster rund um Zürich über Güter und Einkünfte. Albisrieden, Schwamendingen, Fluntern, Höngg und Meilen waren die wichtigsten Güter. Daneben reichte Streubesitz bis an Töss, Rhein, Reuss, Zuger- und Obersee.

Bis zum Auftreten der Bettelorden im 14. Jahrhundert war das Stift Grossmünster im Bistum Konstanz führend in der Pflege der Musik. Der Chorherr Konrad von Mure stiftete 1259 eine Pfründe für einen eigenen Kantor (Gesangsmeister) und redigierte 1260 den Liber ordinarius des Grossmünsters, eine detaillierte Ordnung über die Festgesänge, von denen einzelne von Chorherren selbst gedichtet und komponiert worden waren.
Die Vogt- und Gerichtsrechte wurden nach der Reformation an den Rat von Zürich übertragen. Der Grundbesitz verblieb bis zur endgültigen Aufhebung des Stifts 1832 beim Grossmünster. Bedeutende Chorherren in der Geschichte des Stiftes waren Rüdiger III. Manesse, Rudolf von Homberg, Berater Kaiser Heinrichs V. und Bischof von Basel, Konrad von Mure und Johannes II. von Zürich, Kanzler König Albrechts, Bischof von Eichstätt und Strassburg.

Nach der Reformation widmete sich das Chorherrenstift der Pflege des theologischen Nachwuchses. Neben einer Lateinschule und einem höheren Gymnasium befand sich in den Stiftsgebäuden eine von Ulrich Zwingli gegründete theologische Akademie, die zuerst «Prophezei» danach «Carolinum» genannt wurde und die Keimzelle der heutigen Universität Zürich (gegründet 1833) war, die in ihrem Siegel immer noch auf das Grossmünster verweist.

Nach der Aufhebung des Stifts 1832 wurden die Gebäude verkauft und 1849 abgerissen, um einem Neubau von Gustav Albert Wegmann im neoromanischen Stil Platz zu machen. In diesem sog. Grossmünsterschulhaus war bis 1976 die Töchterschule beheimatet, ein städtisches Gymnasium für Mädchen. Der Kreuzgang des Chorherrenstifts, der teilweise noch aus dem 12. Jahrhundert stammte, wurde beim Abriss zerlegt und 1851 mit vielen neuen Teilen ergänzt in den Neubau integriert. Seit 1976 befindet sich in den Gebäuden das theologische Seminar der Universität Zürich.

Baugeschichte

Erste Vorgängerbauten des Grossmünsters sind nur vermutet. Archäologische Funde weisen auf ein römisches Gräberfeld im Umfeld des Grossmünsters hin. Es bestand wohl ein kleineres Memorialgebäude und ein Konvent zur Betreuung von Pilgern. 870 wurde der Konvent von Karl dem Dicken in ein Chorherrenstift umgewandelt. Das Grossmünster stand als Grablege in einem Zusammenhang mit der Wasserkirche, der Hinrichtungsstätte von Felix und Regula, und dem Fraumünster auf der anderen Seite der Limmat, in dem die wichtigsten Reliquien der Heiligen aufbewahrt wurden. Verbunden durch den Münstersteg bildeten die drei Kirchen eine Prozessionsachse.

Reste eines Vorgängerbaus der heutigen Kirche wurden bei Renovationsarbeiten in den 1930er Jahren entdeckt und dem 11. Jahrhundert zugewiesen. Die heute noch bestehende romanische Kirche wurde um 1100 begonnen und 1220 vollendet. Der Vorgängerbau wurde dazu schrittweise abgebrochen. Der Bau wurde in sechs Etappen vollzogen, die jeweils Abweichungen vom ursprünglichen Bauplan aufweisen, da neue Stilrichtungen in der Architektur aufgenommen wurden. Veränderungen im Innern und am Äussern der Kirche wurden jedoch fortlaufend bis ins 20. Jahrhundert vorgenommen. Erst zwischen 1487 und 1492 wurden die Türme auf Initiative von Hans Waldmann auf gleiche Höhe gebracht und mit Nadelhelmen versehen. 1498 wurde der Dachreiter in seiner heutigen Form vollendet.

Die deutschschweizerische Reformation ging vom Grossmünster aus, da der Reformator Huldrych Zwingli seit 1519 dort als Leutpriester predigte. Auf seine Initiative liess der Stadtrat von Zürich 1524 die Altarbilder aus der Kirche entfernen. 1526 wurde vor dem Chor ein Kanzellettner eingebaut, der aus den zerstörten Altären der Zürcher Kirchen bestand.[5] Damit wurde die Umnutzung der Kirche deutlich. Nicht mehr «Gottesdienst» an den Altären im Chor, sondern die Predigt stand nun im Zentrum. Die Überreste von Felix und Regula wurden von Zwinglis Nachfolger, Heinrich Bullinger, aus der Zwölfbotenkapelle entfernt. Dabei seien nur einige Knochenreste, Kohle, ein Ziegelstein und eine Haselnuss zum Vorschein gekommen.

Am Abend des 24. August 1763 zerstörte ein Blitzschlag den Glockenturm und entzündete den mit Schindeln gedeckten Spitzhelm. Mit nassen Ochsenhäuten konnten die Glocken vor dem Schmelzen gerettet werden. Während mehrerer Jahre blieb der Turm eine Brandruine und es wurde über einen Gesamtneubau des Grossmünsters nach Plänen Gaetano Matteo Pisonis diskutiert. Der Widerstand des Pfarrers Johann Jakob Breitinger verhinderte einen Abbruch.

1770 wurden die Türme mit einer flachen Terrasse und Balustraden im Stile Louis-seize versehen. 1781 bis 1787 entstanden die heutigen charakteristischen neugotischen Turmabschlüsse durch Johann Caspar Vögeli und Johannes Haggenmiller. Am Nordturm wurde das romanische Glockengeschoss abgerissen und durch eine Kopie des spätgotischen Südturms ersetzt. Beide Türme wurden zudem mit einer Wächterstube aufgestockt. Auch im Innern wurde im Stil des Barocks umgebaut.

Ab 1845 wurde das Grossmünster massiv umgestaltet. Das Treppenhaus zu den Emporen über dem nördlichen Hauptportal wurde abgerissen und ins Innere verlegt – und zwar in den Teil der ehemaligen Zwölfbotenkapelle, wo sich die Heiligengräber befunden hatten. Baumeister August Stadler liess auch den Lettner abreissen. 1849 wurde das Stiftsgebäude abgebrochen und bis 1897 sämtliche barocken Elemente wie Stuckaturen und Gips entfernt. Man wollte ganz nach dem denkmalpflegerischen Verständnis des 19. Jahrhunderts den ursprünglichen romanischen Innenraum wiederherstellen und zerstörte dazu jüngere Bausubstanz. 1913–15 wurde die Innenrenovation und gleichzeitige Rekonstruktion durch den Stadtbaumeister Gustav Gull und den Kantonsbaumeister Hermann Fietz abgeschlossen. Das Äussere wurde 1931–1936 gründlich renoviert, wobei die 62 Meter hohen Türme etwas verändert wurden. 1989/90 wurden diese Veränderungen wieder rückgängig gemacht.

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